Leserbrief an die Neue Osnabrücker Zeitung
„Projekt will Pflegekräfte zurückgewinnen“ 17.2.2024, S.5
So richtig vieles ist, was im Rahmen des Projekts beschrieben wird, bleibt doch ein schwerwiegender Fehler bestehen. Dem Bericht zufolge sei nämlich eine bessere Bezahlung der wichtigste Hebel.Als ehemalige Pflegekraft aber sage ich und denke, dass mir viele Pflegekräfte zustimmen werden, er ist nicht der entscheidende!
Mittlerweile ist der Beruf derartig unattraktiv, dass freie Stellen nicht besetzt werden können. Die Unattraktivität des Berufes resultiert im Wesentlichen und das seit Jahrzehnten daraus, dass viel zu wenig Planstellen finanziert werden. Schon immer arbeiteten die Pflegekräfte mit Unterbesetzung.
Und weil sie es leid wurden, immer wieder aus dem Frei geholt zu werden und (bei schlechter Bezahlung) mit Notbesetzung arbeiten zu müssen, begannen sie peu a peu, sich durch Arbeitsverkürzung (halbe und Dreiviertel-Stellen) oder durch Berufswechsel, Krankheit und Frühberentung auszuklinken.
Die Pflegekräfte, die man jetzt wiederzuholen versucht, werden nach einer gewissen Zeit merken, dass das höhere Gehalt nicht dafür sorgt, gesund (bis zur Rente) weiter im Beruf zu bleiben. Erst wenn die Planstellenzahl erhöht wird und dafür eine Finanzierungsgrundlage geschaffen wird, kann die Verweildauer im Beruf erhöht, Berufsflucht gestoppt und die Attraktivität gesteigert werden.
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Michael (Dienstag, 27 Februar 2024 18:06)
Man könnte von Seiten einer Pflegegewerkschaft ein völlig neuartiges Tarifsystem fordern, das insbesondere die Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit umfassen sollte. Man könnte eine monatlich gleiche Mindestsollarbeitszeit für Vollzeitkräfte von etwa 125 Solstunden festlegen, wovon täglich etwa 5 Stunden in der direkten Pflege zu absolvieren wären. Der Rest von ca. 45 Minuten täglich würde für Übergabe, Besprechungen, Pflegeplanung und Qualitätssicherung zur freien wöchentlichen Verplanung bereitstehen.
Eine entsprechende Arbeitszeitverkürzung würde mehr Kollegen erfordern und das System flexibler machen. Die monatliche Sollstundenerrechnung würde der Realität Rechnung tragen, dass an 365 Tagen an 24 Stunden gearbeitet werden muss, als sich weiter an der Büro- oder Kaufhauszeiten zu orientieren!