Zustand der GRÜNEN

 

Ich selbst habe bis auf zwei Ausrutscher (SPD) immer die Grünen gewählt. Nun erleben die GRÜNEN bundesweit einen heftigen Gegenwind und auch bei mir sind in den letzten Jahren Zweifel aufgekommen. Nach wie vor unschlagbar gut finde ich Robert Habeck und würde ihn mir sehr gut als Bundeskanzler vorstellen können. Allerdings schreckt mich die aus meiner Sicht wenig differenzierte Sicht auf die Kriege in der Ukraine und in Israel, vorgetragen vornehmlich von Frau Baerbock, etwas ab. Ich würde mir da eine ausgewogene Stellungnahme und differenziertere Betrachtungsweise wünschen. Cem Özdemir halte ich für eine suboptimale Besetzung. Hinsichtlich ihrer Kernthemen bin ich nach wie vor absolut und voll und ganz bei den GRÜNEN!

 

Allerdings habe ich große Zweifel, was den Blick auf die Ökonomie anbetrifft. Die Partei hat sich in den letzten Jahren mehr und mehr Themen zugewandt, die oft an den Gefühlen der Menschen und den tatsächlichen Besitz- und Machtverhältnissen im Staat vorbeizielen. Sie wird als „Bevormundungs- und Besserwisser-Partei“ wahrgenommen (was sie m.E. nicht ist!), aber es gelingt ihr nicht, die Menschen mit ihren Sorgen wirklich wahrzunehmen; das rächt sich nun.

 

Fragen des Geschlechts und der sexuellen Orientierung beispielsweise überlagern die Diskussion sozioökonomischer Probleme. Anstatt von Gerechtigkeit und Gleichheit der Menschen, was sie verbindet und eint, wird über den Segen kultureller Ungleichheit fabuliert und Toleranz propagiert, aber übersehen, dass Integration ein Prozess sein sollte. (Nicht die Toleranz gegenüber dem Kopftuch und Verschleierung, sondern die Frage, warum es vielen Frauen immer noch aufgezwungen wird, sollte da doch Thema sein.) Anstatt über die Strukturen und Zusammenhänge aufzuklären, die bewirken, dass die Vermögensschere zwischen arm und reich immer weiter auseinanderdriftet, wird jede Minderheit mit Aufmerksamkeit bedacht, aber die Krankenschwester und die Kassiererin an der Supermarktkasse, die sich kein E-Auto leisten kann und wieder mal sich krankmeldet, weil die KITA ausfällt, wird übersehen.

 

Für alles ist Geld da, für Banken, für Waffen, für Corona-Masken und für Diäten von Abgeordneten und für Boni von hohen Managern, nicht für Klima, Bildung, Infrastruktur, E-Autos und Löhne – und die GRÜNEN sind mit in diesen Strudel geraten und erscheinen unglaubwürdig. Sie sehen in der afd den größten Feind und machen ihn dadurch noch größer, anstatt den Neoliberalismus und ungezügelte Privatisierung auch der Grundversorgung (Gesundheit, Verkehr, …) bei der CDU und der FDP als wahren Feind zu erkennen.

 

Leistung garantiert heutzutage nicht mehr den gesellschaftlichen Aufstieg. Vielmehr gewinnen die, die einfach Glück haben, die erben, Mieten erhöhen oder tricksen. Viele Menschen haben nicht mehr den Eindruck, dass ihre Anliegen Einfluss nehmen auf politische Entscheidungen; der Kompromiss einigt nicht mehr, sondern befeuert die Spaltung. Der Staat hat sich vor den wirklich Mächtigen (großen Unternehmen und Reichen) erpressbar gemacht. Im Gegenzug verstärken sich die Gefühle der Ohnmacht beim Bürger.

 

Und die GRÜNEN? Sie befinden sich irgendwie mittendrin, sogar die Kernthemen greifen nicht mehr.

 

Ich würde mir wünschen, dass sie sich besonders auf kommunaler Ebene mehr durch Sichtbarwerden ihrer Kernthemen bemerkbar machen und auf Bundes- und Länderebene endlich die wahren Feinde der Demokratie mit Argumenten bekämpfen, die weiter rechts zu verorten sind.

 

Und um es ganz ehrlich zu sagen: Ich weiß nicht mehr, was ich wählen soll. Schön wäre ein linkes Bündnis gegen rechts und konservativ; also SPD, Grüne, Volt, Piraten, Linke, BSW (ja, auch die!) gegen afd, CDU, FDP.

 

Anstatt sich links weiter gegenseitig erbsenzählerisch zu bekämpfen, sollten die Ideologien und Widersprüche auf der rechten Seite bekämpft werden.

 

 

Vielleicht komme ich nach einer Läuterung der Grünen zu ihnen ganz zurück.

 

 

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